„Die zweite Welle meistern wir auch!“

Abteilungsleiterin Sigrid Junge zur Lage in den Altenheimen.

Bislang sind die Einrichtungen der AWO Nordhessen gut durch die Krise gekommen. Bis auf einzelne Fälle blieben in den Altenheimen Pflegekräfte und Bewohner weitgehend von der Pandemie verschont. Das liegt vor allem an einem umfassenden Schutzkonzept, und am klugen Management, berichtet Sigrid Junge.

Seit März hat es die erfahrene Leiterin der Abteilung Altenhilfe zusammen mit den Einrichtungs- und Pflegedienstleitungen geschafft, dem Virus immer ein Schritt voraus zu sein. Auch in der Weihnachtszeit soll das so bleiben. „Wir kennen uns mit dem Coronavirus aus und wissen, wie es sich verbreitet“, erklärt die studierte Pflegefachfrau, auf deren Führungskompetenz die AWO schon seit Jahren baut.

Festgelegte Abläufe

Der Winter ist Erkältungszeit.Wegen Corona sind die Antennen beim Pflegepersonal mehr als sonst geschärft: Hustet ein Bewohner vielleicht „verkehrt“? Ist er besonders kurzatmig? Im Verdachtsfall greift die Routine: Der Senior kommt in Quarantäne, wird getestet, seine Vitalwerte werden gemessen und überwacht, der Arzt verständigt. Vor dem Bereich wird eine Schleuse definiert. Das Personal arbeitet mit Schutzkleidung.

Vorratshaltung

FFP-2-Masken, Alltagsmasken, Visiere, Schutzbrillen, Schutzkittel, Einmal-Handschuhe: Die Lagerbestände werden immer wieder aufgefüllt. „Das wird nicht zentral geregelt. Die Einrichtungen bestellen selber, was sie benötigen“, erklärt Sigrid Junge. Die Geschäftsleitung fragt regelmäßig die Bestände ab, „wir achten total darauf, dass keine Engpässe entstehen.“

Angespannte Personalsituation

Zeigen sich bei einer Beschäftigten Symptome, muss sie sofort nach Hause und zum Covid-19-Test. Bis das Ergebnis vorliegt, vergehen in der Regel zwei bis drei Arbeitstage, an denen die Kollegin auf Station fehlt. Die ohnehin knappe Personaldecke wird noch kürzer. Festlegung: Wer nur leichte Erkältungsanzeichen hat, kehrt an den Arbeitsplatz unter strenger Einhaltung der Schutzkleidung zurück.

Stimmung bei den Beschäftigten

Die Corona-Schutzmaßnahmen – zum Beispiel täglicher Temperaturcheck bei allen Mitarbeitern und Kunden der mobilen Pflege, in den stationären Einrichtungen Fieberkontrolle bei insgesamt 2.200 Bewohnern und fast genau so vielen Angestellten – binden viel Zeit. Sie sind umfassend und strengen an. Hinzu kommt bei den Beschäftigten die Sorge um die eigene Familie und um die Gesundheit der ihnen anvertrauten Menschen.
Angehörige von Bewohnern haben erhöhten Gesprächsbedarf , sind nicht immer einverstanden mit den jeweiligen Kontakt-Beschränkungen. Diese wurden zwar von der Landesregierung verhängt, werden aber vor Ort mit den Einrichtungsleitungen diskutiert. Und kein Ende der Pandemie in Sicht. „Die Erschöpfung ist allgemein spürbar“, weiß Sigrid Junge. Trotzdem: Seit Beginn der Viruskrise im März halten die Teams eisern zusammen. Ihr Credo: „Wir bewältigen die Situation und gehen da gemeinsam durch.“ Solidarität und gemeinsames Tun geben ihnen Kraft, beobachtet die Abteilungsleiterin.

Urlaub 2020

Urlaub? Wann nehmen und wohin fahren? Das fragten sich viele Pflegende in diesem Jahr. „Im Sommer war es relativ ruhig, deshalb haben wir ab da sehr darauf geachtet, dass der Urlaub angetreten wird“, berichtet Sigrid Junge. Bis Ende Dezember sollen Urlaubsansprüche möglichst genommen werden. „Wir haben versucht, das zu organisieren.“

Bevorstehende Feiertage

„Wir fahren weiterhin auf Sicht“, sagt die Managerin. Soll heißen: Je nach dem, wie sich die Pandemie entwickelt, werden die Maßnahmen angepasst. Stand bei Redaktionsschluss von WIR SIND AWO: Weihnachten soll dieses Jahr nicht im großen Stil, sondern in kleinen Gruppen und zeitlich versetzt gefeiert werden. Besuchsregelung: Wie schon in den vergangenen Monaten dürfen Bewohnerinnen und Bewohner Besucher auf dem Zimmer empfangen. Weiterhin ist aktuell auch möglich, dass Heimbewohner von Angehörigen mit nach Hause genommen werden können.

Fazit

Der eingeschlagene Weg zur Bewältigung der Coronakrise hat sich in der Altenhilfe der AWO Nordhessen bewährt und wird fortgesetzt. Ordnen die Landkreise neue Beschränkungen an, wird das Konzept angepasst. Die Heime schützen sich durch entsprechende Hygiene- und Schutzmaßnahmen, bleiben für Besucher geöffnet. Die Stimmung in der Belegschaft ist angespannt, dennoch überwiegt
der Optimismus: Die Teams schöpfen Kraft aus ihrem gemeinsamen Tun und werden laufend geschult. Alle Einrichtungs- und Pflegedienstleitungen sind stärker denn je gefordert. Weihnachten gestaltet sich anders als gewohnt. Nach einem dreiviertel Jahr größter Anstrengung gegen die Ausbreitung von Corona fasst Sigrid Junge die Situation so zusammen: „Für uns ist das Virus zum Alltag geworden. Auch diese zweite Welle werden wir meistern.“ (spi)